Auszug aus dem Text:
Elke stammt aus einer Pastorenfamilie. Der Vater hatte in Breslau und Wien Theologie studiert. Statt eine Pastorenstelle in einer Kirchengemeinde anzutreten, war er nach dem Studium als Infanterist mit der Wehrmacht an der Ostfront gelandet und 1942 bei Stalingrad in Kriegsgefangenschaft geraten, aus der er erst 1950 entlassen wurde. Elkes Mutter hätte gern ein Gymnasium besucht. Trotz der vorhandenen Begabung kam das für die Tochter eines Bauern, dessen Hof kaum ausreichte, die Familie zu ernähren, aber nicht in Betracht. Sie konnte sich glücklich schätzen, dass sie die Realschule besuchen durfte und danach zur Ausbildung als Gemeindehelferin nach Hannover geschickt wurde.
In dieser Pastorenfamilie kam Elke als älteste von drei Schwestern zur Welt. Das muss kein Nachteil sein. Es macht das Leben aber auch nicht leichter, wenn man mit diesem familiären Hintergrund ein von Nonnen geleitetes katholisches Gymnasium besucht. Gerade in der Zeit vor 1968 waren die Regeln dort strenger und an Elkes Leistungen und ihr Verhalten wurden schon aufgrund ihrer Herkunft aus einer evangelischen Pastorenfamilie hohe Maßstäbe angelegt. Nach dem Abitur stehen Pastorentöchtern fast alle Wege offen. Manche wollen die Welt mit Gewalt verändern, so wie Gudrun Ensslin, die sich der RAF anschloss und Terroristin wurde. Andere wollen mit ihren Entscheidungen den in Umfragen ermittelten Mehrheiten folgen, wie Angela Merkel, die später Bundeskanzlerin wurde. Elke blieben diese beiden Perspektiven verwehrt, nachdem sie Robert schon am Ende des dritten Semesters ihres Lehramtsstudiums in einer Studentenkneipe kennengelernt hatte. Für die Gewaltfantasien einer Terroristin oder den Anpassungswillen einer Bundeskanzlerin blieb da kein Raum. Elke blieb bei ihrer Entscheidung für eine bürgerliche Existenz, schloss das Lehramtsstudium ab und trat zunächst eine Stelle als Lehrerin an einer Hauptschule in Dortmund an.