Ein Internetroman von Leonard Lassan und anderen

Bennis Up and Down geht weiter

Das Jahr 1990 begann in Deutschland mit der Öffnung der innerdeutschen Grenzen. Mit der Sowjetunion wurde der Abzug der Soldaten aus der DDR verhandelt. In Deutschland herrschte darüber große Freude, die Besucher aus der DDR stürmten mit dem Begrüßungsgeld und später mit den für die DDR- Mark erhaltenen D- Mark die Geschäfte. Besonders Autos waren hochbegehrt aber auch der Versandhandel blühte. Der Bundeskanzler versprach blühende Landschaften für die DDR und im Frühjahr gab es erstmalig gesamtdeutsche Wahlen aus denen die CDU als Sieger hervorging. Das in der Bundesrepublik stationierte Militär wurde sukzessive abgebaut. Als erstes endeten die militärischen Übungen, die Benni von seiner Kindheit an begleitet hatten. Im Frühjahr 1990 machte Benni auch einen Reiterurlaub im Wendland und konnte auf der anderen Seite der Grenze den Ort Salzwedel besuchen. Er war erschüttert über den schlechten baulichen Zustand und die Armseligkeit der ländlichen DDR. Die Familie Furstpaul wohnte auch wieder in ihrem Haus in Lohmar, das allerdings nun großzügig umgebaut war und die Mietwohnung im Obergeschoß wurde nun auch von der Familie genutzt. Oben befand sich ein großzügiges Schlafzimmer sowie ein ebenso großzügiges als Apartment nutzbares Zimmer für Rouven. Sohn Rouven fiel die Trennung von seinen Freunden in Bad Wildungen schwer, doch auch er fand bald Anschluss, seine besten Freunde waren die drei Söhne der Familie Peska und besonders mit dem mittleren Sohn Henry verband ihn eine tiefe Freundschaft. Auch bei Bayer fasste Benedikt langsam wieder Fuß. Ihm unterstanden die Entwicklungslaboratorien der Polyurethan-Schuhgruppe mit drei Chemikern und ebenfalls drei Ingenieuren. Die gesamte Gruppe mit den Marktbearbeitern umfasste fast 40 Angestellte und war völlig überdimensioniert. Zudem bröckelte das Geschäft. Der Großkunde Adidas geriet in Turbulenzen und verlagerte seine Produktion mehr und mehr nach Fernost und der andere Großkunde, das Leichtministerium der Sowjetunion, hatte bald kein Geld mehr für Einkäufe auf Devisenbasis.

Überhaupt war das sogenannte Russlandgeschäft einzigartig. Die Sowjetunion produzierte die Schuhsohlen im großen Stil aus importierten Polyurethanrohstoffen, auch die Verarbeitungsmaschinen sowie diverse Zusatzmittel wie Trennmittel und Farbpasten wurden importiert. Das Polyurethan war von der sowjetischen Zentralverwaltung als das fortschrittlichste Besohlungsmaterial identifiziert worden, doch technisch und wirtschaftlich war es ein Irrweg. Die einschichtigen Polyurethansohlen brachen nach ca. 2 Jahren Benutzung und die Schuhe waren danach nicht mehr reparierbar.

Die Schuhfabrikation unterstand dem Leichtministerium, und in den Schuhfabriken waren hauptsächlich Frauen beschäftigt. Die Vorratsgebinde durften nur max. 30 kg wiegen, weil sie manuell von Frauen gehandhabt wurden. Der Einkauf und die Liefereinteilung erfolgten zentral über Moskau und die Fabriken waren über die gesamte Sowjetunion verstreut. Das gesamte Geschäft von 11000 Tonnen pro Jahr wurde also über Kleingebinde abgewickelt. Die technische Betreuung des Geschäftes war anstrengend und die Dienstreisen der Techniker waren lang und die Hotels hatten wenig Komfort. Dennoch war die Betreuung nicht unbeliebt, der Spesensatz war hoch und wurde zum offiziellen Devisenkurs abgerechnet, während die Rubel oft auf dem Schwarzmarkt besorgt wurden. Der permanente und häufig maßlose Alkoholgenuss bei den Zusammentreffen mit den Kunden war allerdings ein Problem. Der zweite größere Kunde war die Firma Adidas, die sich ebenfalls dem Polyurethan verschrieben hatte. Die Sportschuhe hatten eine flexible Zwischensohle und eine feste Außensohle, die im günstigsten Fall beide aus Polyurethan waren. Allerdings wurde bald schon die Außensohle aus Gummi hergestellt und die Fertigung nach Asien verlagert und dort wurde dann auch schnell ein anderes lokal produziertes geschäumtes Material verwendet. Der Versuch, einen Techniker in Asien zu installieren und den dortigen Bedarf durch Importe zu decken, scheiterte kläglich. Und so wurde aus dem jahrelang profitablen Schuhgeschäft im Laufe des Jahres 1990 ein Sanierungsfall. Der wesentliche Grund war, dass die Verarbeitung für die Schuhindustrie kompliziert war und dass die technischen Möglichkeiten des recht teuren Polyurethans ausgereizt waren.

Privat fand Benedikt langsam einen Ausweg aus dem tiefen Loch, in dem er 1989 gesteckt hatte. Er trat in die alte Fahrgemeinschaft wieder ein und war von da an gut befreundet mit dem gleichaltrigen Franz-Josef und den etwas älteren Arno und Willy. Auch in der Nachbarschaft wurden sie freundlich wieder aufgenommen. Der obere Chef des Verkaufs war jetzt der wohlbekannte Herr Reff, sein früherer Kollege aus seinen Anfängen in der Blockschaumabteilung, und direkt für das Schuhgeschäft war Berni Eisen verantwortlich. Das Verhältnis zu beiden war zumindest anfangs unproblematisch.

Im Sommer 1990 verbrachten die Furstpauls wieder einen Urlaub auf Sylt und auf dem Rückweg besuchten sie wie üblich Robert Beckmann und Familie. Robert war von dem ländlichen Oldenburg nach Hannover versetzt worden und die Karriereleiter hochgeklettert. Verglichen mit dem schönen Einfamilienhaus im idyllischen Sandkrug hatten sie in Hannover wohnmäßig eher einen Abstieg. Und so verging das erste Halbjahr in einem Modus des Zurechtfindens und wieder beheimatet Werden.

Beruflich ging es für Benedikt auch voran, Herr Dr. Ivant und Herr Hill, der Leiter der Marktbearbeitung, gingen in Ruhestand und Herr Dr. Lübb wurde in die Dokumentationsabteilung versetzt. Für Benedikt war also der Weg zu der angestrebten Abteilungsleitung frei, für den ihn Dr. Röhl heiß empfohlen hatte. Die Schuhgruppe hatte aber für das schrumpfende Geschäft allerdings immer noch zu viel Personal aber vor allem ungeeignete und wenig qualifizierte Mitarbeiter. Herr Lübb hatte irgendwie systematisch die Personen übernommen, die woanders keine Verwendung mehr hatten oder aussortiert worden waren und die Mitarbeiter waren schwierig zu führen. Dies war doch ein krasser Unterschied zu der recht straff organisierten Firma Metz. Beförderungen wurden eingefordert und der Vertrauensmann verlangte Mitsprache bei Beförderungen, wobei ihm seine eigene besonders wichtig war.

Kurz nach dem endgültigen Termin der Wiedervereinigung am 3. Oktober 1990 bereisten die Furstpauls eine Woche im Wohnmobil die neuen östlichen Bundesländer. Es war ein einmaliges Erlebnis, die DDR nochmals im Original zu sehen, so wie sie zuletzt gewesen war. Die Furstpauls besuchten dabei auch die Familie väterlicherseits, Bennis über 70-jähriger Onkel hatte sogar vor dem Haus aus Freude über die Wiedervereinigung eine Deutschlandfahne gehisst. Die angetroffenen neuen Mitbürger waren allesamt neugierig und sehr freundlich. 1990 brach auch der Irak-Krieg aus. Zuerst wurde Kuwait besetzt und dann wurden die Iraker durch eine Allianz westlicher Staaten besiegt und wieder vertrieben. Die Lasten zur Befreiung wurden den gesamten westlichen Ländern inclusive Deutschland aufgebürdet. Zum Jahresende wurde auch die erste Chemikerin in der Anwendungstechnik eingestellt und Benedikt wurde die große Ehre zuteil, dass diese Dame seine Mitarbeiterin wurde. Aber irgendetwas an der Dame hätte ihm auffallen sollen. Zum 1.1. 1991 trat Benedikt als Abteilungsleiter der Schuhsohlengruppe an, mit Vorzimmer und Sekretärin.

Der Irakkrieg, der kurz darauf in die heiße Phase trat, brachte auch merkwürdige Blüten hervor. So gab es für Geschäftsreisen ein Flugverbot und eine gemeinsame Reise nach Jugoslawien mussten Benni und sein kaufmännischer Kollege Berni per Eisenbahn im Schlafwagen antreten. Aber Jugoslawien war zu jener Zeit auch in Auflösung begriffen und als erstes wurde Slowenien, wo die Schuhkunden beheimatet waren, selbständig. Ein denkwürdiges Ereignis im April 1991 war die Einweihung eines großen Tanklagers für Schuhrohstoffe in Kiew. Das war überhaupt das erste Mal, dass im großen Stil Polyurethanrohstoffe für Schuhanwendungen im Tankwagen versandt wurden. Benni dachte, er führe nach Russland, doch es war in Wirklichkeit die Ukraine, was damals allerdings keinen großen Unterschied bedeutete. Der Direktor war ein großspuriger Herr Karpinski und das ganze Programm war eine einzige Alkoholorgie. Schon zum Frühstück gab es Wodka aus Tassen. Die Einkaufsleiterin, aus Moskau angereist, musste sofort den Betriebszahnarzt aufsuchen, sie hatte in ganz Moskau keine Gelegenheit, eine Zahnbehandlung zu bekommen. Das Tanklager wurde nur einmal zur Einweihung gefüllt, danach gingen dem Leichtministerium die Devisen endgültig aus. Das gesamte Russland- Geschäft der Schuhgruppe kam im Jahr 1991 zum Erliegen.

Benedikt war auch beim Vertrieb durchaus wohlgelitten und im Frühjahr lud Ihn Herr Reff zusammen mit seinen Kaufleuten zu einer Bootstour ein. Im März 1991 feierte Benedikt auch seinen 40. Geburtstag. Er hatte nach dem Rückschlag in den 80-er Jahren eigentlich seine Ziele erreicht. Allerdings sprang im Sommer auch noch ein wichtiger Großkunde ab und Bennis Ruf begann wieder zu leiden Im Herbst versuchte Berni Eisen nochmals eine Belebung des Russland- Geschäftes und veranstaltete ein Symposium in Usbekistan.

Der Leiter der Vertretung aus Moskau reiste mit einer Plastiktüte voller Rubelnoten an. Kurz darauf wurde auch Usbekistan selbständig und hatte auch kein Geld mehr für deutsche Schuhrohstoffe. Lustig in diesem Zusammenhang war ein Abendessen in einem Hotel in Taschkent. Bei allen Bestellungen antwortete der Kellner, diese Speisen gebe es heute nicht, woraufhin dann ein älterer Kollege antwortete: „Dann bringen Sie doch alles, was Sie noch haben!“ Usbekistan im November war ein ödes und ärmliches Land und für den Tourismus noch gar nicht erschlossen. Die Usbeken waren höfliche und herzliche Menschen und wer keinen Alkohol wollte, brauchte, anders als in Russland, auch keinen zu trinken. Doch auch der gut gemeinte Versuch, mit dieser neuen Republik die Geschäfte wiederzubeleben, scheiterte am Geldmangel. Das Jahr 1991 brachte also viele geschäftliche Rückschläge mit sich. Ähnlich ging es auch in den Jahren 1992 und 1993 weiter, die Geschäftsentwicklung war unerfreulich und Bennis Stern sank weiter. Einzig Dr. Röhl hielt in der gesamten Zeit fest zu ihm. Benedikt hatte auch zwei unangenehme Personalentscheidungen zu treffen, die Chemikerin entpuppte sich nach zwei Jahren als völlig unfähig aber sehr engagiert und musste unter großem Streit aus der Abteilung entfernt werden. Ebenfalls unintegrierbar war der nach Asien entsandte Techniker, der nach erfolgloser Mission zurückkehrte und das Unternehmen kurz darauf unter großem Streit verlassen musste. Ende 1992 sah es so aus, dass sich das Blatt für Benedikt beruflich nochmals wenden könnte, er verhandelte intensiv über eine leitende Funktion in einem spezialisierten Weichschaumunternehmen, doch dies zerschlug sich im Frühjahr 1993. Und die geschäftliche Erosion des Schuhgeschäfts schritt weiter voran.

Immerhin konnten die Furstpauls den Kredit ihres Hauses im Jahr 1993 vollständig zurückbezahlen und waren Besitzer einer schuldenfreien Immobilie. Sohn Rouven war mittlerweile auf einer weiterführenden Schule, erreichte aber das Gymnasium nur über den Umweg der Realschule. Ehefrau Marika entdeckte ihre Liebe zum Tennisspiel und betrieb diesen Sport fortan mit sehr viel Geschick und Erfolg.

Im beginnenden Jahr 1994 deuteten sich wieder Veränderungen an. Der Leiter der Anwendungstechnik, Herr Dr. Mürtel , hatte das Pensionsalter erreicht und die Anwendungstechnik sollte fortan mit dem Vertrieb zusammengeführt werden. Dabei sollten Funktionen abgebaut werden und ungeeignete Mitarbeiter quasi degradiert werden und zwei davon waren Berni Eisen und Benedikt Furstpaul. Stattdessen wurde im Vertriebsbereich eine hochengagierte Dame befördert, die glaubte, den Auftrag erhalten zu haben, das Geschäft zu sanieren. Permanenter Streit war vorprogrammiert und auch auf der sozialen Ebene waren keine Gemeinsamkeiten möglich. Der Vertrieb wurde von Herrn Reff jetzt sehr autoritär geführt, nur wenige hatten Zugang zu ihm und er liebte die Denunziation. In den kommenden eineinhalb Jahren war Benni zwar noch für die Schuhgruppe verantwortlich und sein direkter Vorgesetzter war ein guter Freund, den er noch von der Universität kannte, aber er konnte jetzt genau feststellen, was Mobbing bedeutete. Alle seine Verhaltensweisen wurden beobachtet und negativ kommentiert an Herrn Reff gemeldet, alle seine Initiativen wurden ignoriert und das Geschäft erodierte weiter. Besonders negativ verhielt sich der Vorgesetzte seiner Kollegin, der immer zwei Gesichter zeigte, nach vorne freundlich, hintenherum feindlich. Die Zeit vom Sommer 1994 bis Oktober 1995 verlief unter Dauerstress.

Immerhin hatte Benedikt seine Liebe zum Motorradfahren wiederentdeckt und kaufte sich im Sommer 1994 erstmals ein richtig gutes und funktionsfähiges Motorrad. Das war eine feuerrote Honda VFR mit 750 cc und 100 PS, mehr als 200 km/h schnell und sehr zuverlässig.

Das Motorradfahren betrieb er mit seinem Fahrgemeinschaftskollegen Frank-Josef und dem Vater von Rouvens Freund, Michael Peska. Mit beiden war er mittlerweile eng befreundet.

Im Oktober 1995 eskalierte dann der Streit mit dem Vertrieb aufgrund einiger unbedachter Aussagen auf einer Sitzung. Ein sofortiger Termin bei Herrn Reff war die Folge und jetzt war aus der latenten eine offene Feindschaft geworden. Bei einem weiteren Termin im November erklärte seine Vertriebskollegin, dass sie die weitere Zusammenarbeit mit ihm ablehne. In dieser Situation gab es dennoch erste Lichtblicke. Von zwei der oberen Manager im Bereich Polyurethan wurde ihm signalisiert, dass sie eine Funktion für ihn hätten und ihn gern übernehmen würden. Einen davon, den Leiter des Automobilgeschäftes hatte Benni gar nicht erwartet. Weiterhin gab es eine neue Verwendung für Herrn Reff und dieser sollte bereits im Frühjahr 1996 in eine regionale Vertriebsleitung wechseln. Sein Nachfolger war der aus Amerika zurückkehrende Hans Wegberg, den Benedikt bislang nur oberflächlich kennengelernt hatte. Wegberg war zum Amtsantritt im Januar 1996 gerade 39 Jahre alt. Wegberg war Chemiker mit einem offenen und freundlichen Naturell und er hatte keine Vorbehalte gegenüber dem damals ziemlich schlecht beleumundeten Benedikt.

Und so gab es im März die Verkündung der Organisation, die Hauptabteilung Integralschaum wurde in sechs Unterabteilungen unterteilt, Verkauf und Technik wurden jeweils zusammengelegt und es gab sechs gleichberechtigte sogenannte Segmentleiter. Obwohl Benedikts Segment das kleinste war, hatte er dennoch den gleichen Status wie seine Kollegen, ein Vorzimmer und eine bildschöne Blondine als Sekretärin. Schon bald begann er, sich mit dieser Aufgabe anzufreunden, die er zum 1. April antrat. Er war für die Funktion zwar eigentlich überbezahlt, doch das störte Dr. Wegberg nicht. Bennis Kunden waren über Europa verteilt, Italien, Skandinavien Benelux, England Deutschland und stellten alle Formteile aus Weichschaum her und benötigten dafür die entsprechenden Rohmaterialien. Insofern war er nicht ganz unvorbereitet, hatte er doch seine ersten 10 Jahre in dieser Branche verbracht.

Nach den vergangene zwei Schreckensjahren begann 1996 eine Erholungsphase, die Mitarbeiter seiner recht kleinen Gruppe waren qualifiziert und loyal und das Geschäft wuchs und war profitabel und sein Verhältnis zu dem neuen, erstmals jüngeren Chef war freundschaftlich. Privat lief es bei den Furstpauls auch gut, Marika widmete sich mit viel Engagement und Erfolg dem Tennisspiel, Benedikt fuhr regelmäßig im Frühjahr mit Franz-Josef und Michael eine Woche nach Frankreich mit dem Motorrad und fing auch mit dem Schilaufen an, das er auf bescheidenem Niveau ausübte und war im privaten und geschäftlichen Freundeskreis bestens integriert. Im Spätsommer 1998 machte er sogar wieder eine Dienstreise nach Russland, diesmal nach Moskau.

Moskau war während der Jelzin-Regierung schön herausgeputzt worden, die alte Gebäude aus der Zarenzeit renoviert, doch beim näheren Hinsehen gab es eigentlich nur negative Aspekte. Der Kunde, den seine Vorgängerin aufgetan hatte, fertigte simple Formteile, die im Rest der Welt aus Blockschaumzuschnitten hergestellt worden wären. Die Maschinen waren von Bayer bezahlt worden und wurden über höhere Rohstoffpreise abbezahlt. Bei fast jeder Belieferung wurde der LKW an der Grenze angehalten und erst nach einer Schmiergeldzahlung von zumeist 1000 Dollar freigegeben. Das Ende des Unternehmens trat kurz darauf ein. Bei Bedachungsarbeiten tropfte brennendes Bitumen herab und entzündete die Lösungsmittel. Es gab bei dem folgenden Großbrand zwölf Tote und die noch nicht abbezahlten Maschinen wurden vollständig zerstört. Ein weiterer Besuch führte ihn in eine Weichschaumfabrik, die im 6. Geschoss eines großen Gebäudes untergebracht war. Die Treppenhäuser waren allesamt mit Möbeln zugestellt, einen Aufzug gab es nicht. An der Eingangstür des Unternehmens stand ein mit einer Kalaschnikow bewaffneter Wachmann im schwarzen Overall und im Vorzimmer zum Büro des Chefs saß ein dunkelhaariger Mann mit langen zum Pferdeschwanz zusammengebundenen Haaren, der in einem Holster einen mächtigen Colt trug. Die Produktionshalle war vollgestellt mit Weichschaumblöcken im Format 2x1x1 Meter. An einer freien Stelle wurde gerade eine Anlage zusammengeschweißt. Als Sicherheitsmaßnahmen in dieser extrem gefährdeten Umgebung dienten ein Eimer mit Wasser und eine Asbestdecke. Benedikt war heilfroh, als er diesen Ort wieder verlassen konnte.

Im Polyurethan- Bereich der Bayer AG gab es in dieser Zeit Pläne, die strategische Schwäche im Bereich Polyetherpolyole endgültig zu beseitigen, indem man den aggressivsten und offenbar erfolgreichsten Wettbewerber übernehmen wollte. Um diese Planungen erfolgreich zu begleiten, wurde Bennis geschätzter Chef Wegberg in die USA versetzt, denn dort war der als Übernahmeziel erkorene Wettbewerber zu Hause. Die Sache war natürlich streng geheim, allerdings wussten alle davon. Wegbergs Nachfolger war Volker Wilhelm, der sich seine Verdienste in Brasilien erworben hatte. Auch er war von freundlichem Naturell, blieb allerdings bei den Gruppenveranstaltungen stets bis zum Ende und sprach auch dem Alkohol reichlich zu, was sein Vorgänger stets peinlich vermieden hatte. Aber auch zu ihm hatte Benni sofort ein freundschaftliches Verhältnis.

Benni war stets ein Freund schöner und schneller Autos gewesen und 1997 bekamen die Furstpauls einen edlen BMW 528 in Schwarzmetallic mit breiten Reifen auf Alufelgen. Dieses Auto fuhr Benedikt nach 18 Monaten am Nikolaustag 1998 zu Schrott, als er Basilikum für die abendliche Party des Tennisvereins aus einem Nachbarort besorgen musste. Marika vergoss nach der Party über den Verlust diese schönen Autos sogar einige Tränen. Das nachfolgende Fahrzeug war dann ein echter Exot, ein Alfa Romeo mit Sechszylindermotor. Von dieser Marke war Benni seit seiner Jugend begeistert gewesen. Leider entpuppte sich das feuerrote elegante Fahrzeug als unzuverlässig, schlecht verarbeitet und echter Spritsäufer mit 40 % höherem Verbrauch als der größere BMW. Marika hasste dies Gefährt.

Die Jahre 1998 und 1999 blieben ansonsten ruhig und frei von großen Veränderungen. Bei Bayer wartete alles auf die anstehende Übernahme, die Geschäfte im Bereich Integralschaum verliefen zufriedenstellend und das Betriebsklima war ausgezeichnet, alles hätte so bleiben können. Ganz zum Jahresende ereilte den vormaligen Leiter der Gruppe, Herrn Reff, ein schwerer Unfall. Beim Segeln traf ihn beim Wenden der untere Teil des Segelmastes mit voller Wucht am Kopf. Der Unfall ereignete sich in Süditalien und die restliche Besatzung brachte das Boot mit Mühe in den Hafen zurück. Reff erlitt starke innere Kopfblutungen und verstarb kurz darauf. Das berufliche Ende des Jahres beging Benni wie immer mit dem Geschäftsführer seines Lieblingskunden in einem Edelrestaurant in Köln. Vorher waren die Geschäfte und die Preise besprochen worden.

Den Übergang ins neue Jahrtausend hätte sein langjähriger Arbeitskollege und dessen Frau als Millenniumsparty organisiert. Es gab ein festliches Essen und edle Getränke im langjährigen Freundeskreis. Alles hätte so bleiben können…..

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